Gustav Schwab

Gustav Schwab

Die schönsten Sagen des klassischen Altertums

Aus der Heraklessage

frommen sollte, soll sie dein Haus wieder verlassen!« Admet sah sich von dem Gaste, den er nicht beleidigen wollte, bedrängt; er befahl, jedoch nur ungerne, daß die Diener das Weib in die innern Gemächer geleiten sollten. Aber Herakles gab dieses nicht zu. »Vertraue«, sprach er, »mein Kleinod keinen Sklavenhänden, o Fürst! Du selbst, wenn es dir gefällt, sollst sie hineinführen! « - »Nein«, sprach Admet, »ich berühre sie nicht; ich würde schon so das Wort, das ich der geliebten Toten gegeben habe, zu verletzen glauben. Eingehen möge sie, aber ohne mich!« Doch Herakles ruhte nicht, bis er die Hand der Verschleierten ergriffen hatte. »Nun dann« , sagte Herakles freudig, »so bewahre sie ; blicke die Jungfrau auch recht an, ob sie wirklich deinem Ehegemahl gleicht, und ende deinen Gram!«

Damit enthüllte er die Verschleierte und gab dem in Staunen zweifelnden König seine wiederbelebte Gemahlin zu schauen. Während Admet, wie leblos, die Lebende an der Hand hielt und sich mit Furcht und Zittern an ihrem Anblicke weidete, erzählte ihm der Halbgott, wie er den Thanatos am Grabeshügel ergriffen und seine Beute ihm abgerungen habe. Da sank der König in die Arme seines Weibes. Aber diese blieb sprachlos und durfte seinen zärtlichen Ausruf nicht erwidern. »Du wirst«, belehrte ihn Herakles, »ihre Stimme nicht wieder vernehmen, als bis die Totenweihe von ihr genommen und der dritte Tag erschienen ist. Doch führe sie getrost hinein in dein Gemach und erfreue dich ihres Besitzes. Er ist dir zuteil geworden, weil du an Fremdlingen so edle Gastfreundschaft geübt, hast! Mich aber laß meinem Geschicke nachziehen!« - »So zeuch in Frieden, Held!« rief Admet dem Scheidenden nach. »Du hast mich in ein besseres Leben zurückgeführt; glaube mir, daß ich meine Seligkeit dankbar erkenne! Alle Bürger meines Königreichs sollen mir Chortänze aufführen helfen, und Opferduft entsteige den Altären! Dabei wollen wir dein, o du mächtiger Zeussohn, in Dank und Liebe gedenken.«