Gustav Schwab

Gustav Schwab

Die schönsten Sagen des klassischen Altertums

Aus der Heraklessage

die Stütze, der Gattin und den Kindern Gatte und Vater, dem Volke ein milder Herrscher geraubt werden sollte. Deswegen ging Admet umher und forschte, wo er einen Freund fände, der für ihn sterben wollte. Aber da war nicht einer, der dazu Lust gehabt hatte, und sosehr sie vorher den Verlust, der ihnen bevorstände, bejammert hatten, so kalt wurde ihr Sinn, als sie hörten, unter welcher Bedingung ihm das Leben erhalten werden konnte. Selbst der greise Vater des Königes, Pheres, und die gleichfalls hochbetagte Mutter, die den Tod jede Stunde vor sich sahen, wollten das wenige Leben, das sie noch zu hoffen hatten, nicht für den Sohn dahingeben. Nur Alkestis, seine blühende, lebensvolle Gattin, die glückliche Mutter hoffnungsvoll heranblühender Kinder, war von so reiner und aufopfernder Liebe zu dem Gemahl beseelt, daß sie sich bereit erklärte, dem Sonnenlichte für ihn zu entsagen. Kaum war diese Erklärung aus ihrem Munde gegangen, als auch schon der schwarze Priester der Toten, Thanatos (der Tod), den Toren des Palastes nahte, sein Opfer ins Schattenreich hinabzuführen. Denn er wußte Tag und Stunde genau, an welchem Admet vom Schicksale bestimmt gewesen war, zu sterben. Als Apollo den Tod herankommen sah, verließ er , schnell den Königspalast, um, der Gott des Lebens, von seiner Nähe nicht entheilt zu werden. Die fromme Alkestis aber, als sie den entscheidenden Tag sich nahen sah, reinigte sich, als Opfer des Todes, in fließendem Wasser, nahm festliches Gewand und Geschmeide aus dem Schranke von Zedernholz, und nachdem sie so sich ganz würdevoll geschmückt, betete sie vor ihrem Hausaltare zur Göttin der Unterwelt. Dann umschlang sie Kinder und Gemahl und trat endlich, von Tag zu Tage mehr abgezehrt, zur bestimmten Stunde von ihren Dienerinnen umringt, an der Seite ihres Gatten und ihrer Kinder, in das Gemach, wo sie den Boten der Unterwelt empfangen wollte. Hier schickte sie sich zum feierlichen Abschiede von den Ihrigen an. »Laß mich zu dir reden, was mein Herz begehrt«, sprach sie zu ihrem Gemahle. »Weil dein Leben mir teurer ist als das meinige, sterbe ich für dich jetzt, wo mir das Sterben noch nicht drohte, wo ich, einen edlen Thessalier zum zweiten Gemahle wählend, im beglückten Fürstenhause hätte wohnen können. Aber ich wollte nicht leben, deiner beraubt, die verwaisten Kinder anschauend. Dein Vater