Gustav Schwab

Gustav Schwab

Die schönsten Sagen des klassischen Altertums

Aus der Heraklessage

Amazonen entgegen. Das herrliche Ansehen des Helden flößte ihr Hochachtung ein, und als sie die Absicht seines Kommens erkundet, versprach sie ihm das Wehrgehenk. Aber Hera, die unversöhnliche Feindin des Herakles, nahm die Gestalt einer Amazone an, mischte sich unter die Menge der übrigen und breitete das Gerücht aus, daß ein Fremder ihre Königin entführe. Augenblicklich schwangen sich alle Manninnen zu Pferde und griffen den Halbgott in dem Lager an, das er vor der Stadt aufgeschlagen hatte. Die gemeinen Amazonen fochten mit den Kriegern des Helden, die vornehmsten aber stellten sich ihm selbst gegenüber und bereiteten ihm einen schweren Kampf. Die erste, die den Streit mit ihm begann, hieß von ihrer Schnelligkeit Aëlla oder Windsbraut., aber sie fand an Herakles einen noch schnelleren Gegner, mußte weichen und ward auf windschneller Flucht von ihm eingeholt und niedergemacht. Eine zweite fiel auf den ersten Angriff, dann Prothoe, die dritte, die siebenmal im Zweikampf gesiegt hatte. Nach ihr erlagen acht andere, darunter drei Jagdgefährtinnen der Artemis, die sonst immer so sicher mit dem Wurfspieße getroffen hatten, nur diesmal ihr Ziel verfehlten und, vergebens unter ihren Schilden sich deckend, den Pfeilen des Heros erlagen. Auch Alkippe fiel, die geschworen hatte, ihr Leben lang unvermählt zu bleiben; den Schwur hielt sie, aber am Leben blieb sie nicht. Nachdem auch Melanippe, die tapfere Führerin der Amazonen, gefangen war, griffen alle zur wilden Flucht, und Hippolyte, die Königin, gab das Wehrgehenk heraus, wie sie auch vor der Schlacht versprochen hatte. Herakles nahm es als Lösegeld an und gab Melanippe dafür frei. Auf der Rückfahrt bestand der Held ein neues Abenteuer an der trojanischen Küste. Hier war Hesione, Laomedons Tochter, an einen Felsen gebunden und einem Ungeheuer zum Fraß ausgesetzt. Ihrem Vater hatte Poseidon die Mauern von Troja erbaut und den Lohn nicht erhalten; dafür verwüstete ein Seeuntier Trojas Gebiet so lange, bis der verzweifelte Laomedon ihm seine eigene Tochter preisgab. Als Herakles vorüberfuhr, rief ihn der jammernde Vater zu Hilfe und versprach ihm, für die Rettung der Tochter die herrlichen Rosse zu geben, die sein Vater von Zeus zum Geschenke bekommen hatte. Herakles legte an und erwartete das Ungetüm. Als es kam und den Rachen aufsperrte, die Jungfrau zu verschlingen,